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The Prodigy - Die US-Postals des Punk

The Prodigy - Die US-Postals des Punk

Inmitten einer Designer-Sitzgruppe und zwischen zwei in die Wand eingelassenen Monster-TV-Flatscreens steht Liam Howlett auf Hamburgs flauschigstem Teppichboden, in einer Suite des Le Royal Meridien Hotels. Ich treffe den Ex-HipHop-DJ, Ex-Rave-Aktivisten, Elektropunk-Erfinder und Musikbürgerschrec.

Inmitten einer Designer-Sitzgruppe und zwischen zwei in die Wand eingelassenen Monster-TV-Flatscreens steht Liam Howlett auf Hamburgs flauschigstem Teppichboden, in einer Suite des Le Royal Meridien Hotels. Ich treffe den Ex-HipHop-DJ, Ex-Rave-Aktivisten, Elektropunk-Erfinder und Musikbürgerschreck der Mittneunziger. Den mit dem trashigen Millionario-Image. Wie nett, dass er selbst dabei ziemlich breit grinsen muss. Als wolle er sagen: Auf die Casual-Wear-Kombi weißer Hotelbademantel samt Latschen, dunkle Rockstar-Sonnenbrille und blond geschecktes Dachshaar muss man erst mal kommen. »Erinnere dich daran, worum es bei The Prodigy ging«, wird er mir später erzählen. »Um Sampling-Kultur. Darum, die Musik frisch zu halten. Unvorhersehbar zu sein. Komische, verrückte Sachen zu machen. Keine Formeln anzuwenden.« Seinen Humor, die Spontaneität, das Raven, den Punk – der knapp 33-Jährige scheint das alles wieder gefunden zu haben.

Selbstverständlich war das nicht. Sieben Jahre war der Prodigy-Songwriter und -Produzent versackt. Sieben lange Jahre, die man ökonomisch wohl nur aushält, wenn man wie Howlett mit ›The Fat Of The Land‹ in knapp 30 Ländern inklusive USA Nummer eins der Albumcharts war. Es folgten zwei Jahre Welttournee, ein Jahr Privatfete, zwei Jahre Burn-out mit Schreibblockade. 2002 das versuchte Comeback mit der Single ›Baby’s Got A Temper‹: »Das Stück war ein Runterbringer. Formelhaft, ein Rückschritt. Es zeigte mir immerhin, dass ich mich auf dem falschen Weg befand. Ich hörte auf, dem Hype zu glauben, der um uns veranstaltet wurde.« Howlett schloss damit ab, sich selbst als Soundmarke zu begreifen, warf die derb shuffelnden Breakbeats und Keith-Flint’schen Upfront-Vocals in den Müll, um nicht als zementierte Mainstream-Horrorshow à la Marilyn Manson zu enden. »Im März 2003 fühlte ich mich endlich wieder lebendig. Da fing ich an, dieses Album zu schreiben.«

›Always Outnumbered Never Outgunned‹ ist wesentlich sperriger und subtiler geraten als sein Vorgänger. Stimmen werden eher als aufblitzende Samples eingesetzt, sie kommen von so unterschiedlichen Menschen wie der Schauspielerin Juliette Lewis, Kool Keith, Princess Superstar, Ping Pong Bitches oder Liam Gallagher. »Als ich die ersten beiden Tracks fertig hatte, rief ich Keith und Maxim ins Studio und sagte ihnen, dass sie auf dem neuen Album nicht mit drauf wären.« Howlett hat die gute Bandlaune dem Ergebnis untergeordnet. Ein Lance Armstrong der Beats, der sein Team lächelnd, aber mit eiserner Hand führt. Grinsend fügt er hinzu: »Die Band ist mir heilig. Sie ist intakt. Wir werden zusammen auf Tour gehen. Ich bin der König der Beats.«

Irgendwie hat er Recht. Kompromisslos ist dieser Sound: hart, schnell und futuristisch. Ebenso stressig wie schimmernd. Der König der Beats trägt Bademantel, und wahrscheinlich pisst er im Stehen.


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